top of page
Bordairline Goldeck
01. - 03. 07. 2016

Bordairline Goldeck

Puh, ganz schön schwer einen Bericht zu schreiben, wenn das positive Ergebnis ausbleibt.
Was sollte man schreiben, außer, dass das ein Wochenende mit „X“ war.
Doch bin ich der Meinung das Negativerlebnisse genauso berichtet gehören, den nicht nur für sich, sondern auch für Kollegen kann der Lerneffekt daraus sehr groß sein und jeder kann sich seine Schlüsse ziehen.

Misserfolg ist die Chance es beim nächsten Mal besser zu machen ...

Eigentlich hatte ich mich schon richtig auf das Wochenende in Spittal a. d. Drau, Kärnten gefreut. Wollte ich doch zeigen dass ich nicht nur in den Laufschuhen mithalten kann, sondern auch beim Fliegen.
Doch irgendwie, war schon beim Zusammenpacken der Wurm drinnen, lauter Kleinigkeiten die nicht passten oder letztlich vergessen wurden.
Das Wetter schaute Anfangs auch nicht richtig gut aus, Samstag möglicherweise fliegbar, Sonntag dann wieder viel Regen.

So starteten wir am Samstagmorgen  recht gemütlich in unsere 33 stündige Aufgabe. Das Tempo hielt sich bis über die Straße in Grenzen und die Gruppe kam fast geschlossen beim Einstieg zum Wanderweg auf das Goldeck an. Keiner der Athleten hatte an diesem Tag ein anderes Ziel ins Auge gefasst. War es womöglich der Angesagte „Fixcheckpoint“ der für die Presse vereinbart wurde oder doch die eher aussichtslose Wettersituation die ein richtiges Wegkommen von anderen Punkten vereitelte.
Nach einigen Minuten gab Thomas Hofbauer dann am Wanderweg ein flotteres Tempo vor, dem wir alle folgten. Eine kleine Gruppe löste sich vom Feld und mir gelang es mit Thomas gemeinsam dann doch ein ordentliches Tempo vorzugeben.
Bei 1800 Metern Seehöhe liefen wir bereits in die Wolken, wir machten das erste Mal „Basis“. 2:28 Stunden und 1600 Höhenmeter später waren Thomas Hofbauer und ich dann gut 10 Minuten vor den anderen auf dem 2100 Meter hohen Goldeck- Gipfel angekommen, nur tat sich kein wirklich brauchbares Startfenster auf. So waren wir dann wieder alle zusammen.
Die Fliegerprofis wie Simon Oberrauner und auch Pascal Purin nützten dann doch das kleine Nebelfenster das sich auftat und machten sich auf und davon in die Lüfte. Alle anderen Piloten schauten den Beiden hinterher und versuchten zu beobachten was sich da draußen tut.
Nur war Minuten, wenn nicht sogar Sekunden später schon wieder geschlossene Nebelfront, die den Hang und die anderen Gipfel in der Nähe einhüllte.

So entschlossen wir auf die flachere Nordwest ausgerichtete Startwiese zu wechseln. Alles recht hektisch, schon mehr als 30 Minuten verloren will ich gleich hinter Thomas raus um mich in dessen „Windschatten“ zu hängen, einem ebenso guten und erfahrenen Flieger.
Leider kein Wind, Startabbruch beim rückwärts Aufziehen, Thomas ist bereits weg bis ich den Schirm wieder Aufgelegt hatte.
Nun Vorwärtsstart, Thomas hat bereits begonnen zu kurbeln, schnell aufziehen, ein sauberer Start ist gelungen, ab diesem Zeitpunkt nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Ich gleite der Hangkannte, an der Thomas bereits einige Vollkreise in einer Thermik gemacht und dabei schon deutlich an Höhe gewonnen hatte, entgegen. Nichts, kein Heben, das Vario zeigt nur sinken, keine Reaktion...
Hmmm, es geht abwärts, auf die Leeseite, da will ich eigentlich gar nicht hin, plötzlich hebt es ein wenig, ich fange an zu kurbeln, schon wieder vorbei, nächste kleine kaum spürbare Ablöse, nächster Versuch, die paar Meter die ich an Höhe gewinne sind ebenso schnell wieder abgebaut.
Andreas Traisch ist mir scheinbar in diese heimtückische und aussichtslose Situation gefolgt, wir schleichen an den Bäumen vorbei und versuchen vergeblich irgendwo rettende Thermik auszugraben. Nach einigen verzweifelnden Versuchen wieder auf die „gute Seite“ des Bergrückens zu kommen, rief mir Andi ebenfalls ein wenig genervt zu was wir nun machen sollten…
Da wird nichts helfen, wir werden die paar Thermikblasen nutzen und den Hang entlang soaren bis wir um den Berg herum sind…
Gesagt getan, es dauerte leider eine halbe Ewigkeit, nun ist es so, da hilft halt nichts.
Auf der anderen Seite angekommen, wechselte Andi gleich mal auf die andere Seite des Tales, ich machte noch ein, zwei Soaringschleifen und folgte ihm. Über der Bahn dann eine Blubbern, Prinzip Hoffnung macht sich breit, aufkurbeln, 100 Meter gewonnen, noch ein paar Meter, hin zum Wald, wieder nichts….
Für richtige Thermik sind wir zu tief, Andi schleicht vor mir über die Baumwipfeln und schafft es bis in die nächste Mulde am Hang, er kann sich halten, ich setzte an und…, schaffe es leider nicht über die Baumreihe. Enttäuscht muss ich abdrehen und auf der Wiese landen.
Andi hat es dann nach geraumer Zeit und viel basteln geschafft sich den Hang nach oben zu arbeiten und hat schon ordentlich an Höhe gewonnen während ich bereits meine ersten Meter am Boden zurücklege. 12km bis nach Steinfeld und dann noch 400 Höhenmeter Aufstieg bis auf die Wiesen am Fuße vom Rottenstein, 2 Stunden später, alle anderen bereits weit voraus, Simon Oberrauner schon an Lienz vorbei und der Rest der Profis kurz vor Lienz, bastle ich noch immer da hinten herum, ärgerlich.
Die angekündigte Regenfront ist am Horizont schon ersichtlich, über die Dolomiten schiebt sie sich ins Drau Tal und bewegt sich in meine Richtung. Ich muss raus, starten um wenigstens noch ein paar Kilometer in der Luft zu machen, Rolle auf Rolle,
den Paragleiter voll beschleunigt, kämpfe ich mich gegen den Wind vorwärts, ich steige, 2 Meter pro Sekunde, 3 Meter pro Sekunde, Ohren anlegen und Höhe vernichten, bevor mich die Wolke einsaugt. Turbulent, 300 Meter tiefer Ohren raus Profil vollständig geöffnet, wieder im Vollgas, ein Seitenklapper, korrigiert, wieder rein ins Gas, ein weiterer Klapper.
Höhe habe ich genug, die Regenwand kommt immer näher, eigentlich könnte ich noch locker 10 Kilometer oder mehr fliegen, ich sehe wie sich die Regenwand in die Bergflanken schiebt, eine Möglichkeit ganz links daran vorbei zukommen?! 1 maximal 2 Kilometer noch, dann ist die Regenfront bei mir. Normalerweise würde ich bei diesem Wetter gar nicht mehr starten.


Das Risiko ist hoch, ich weiß es, aber wenn es aufgeht dann habe ich viel Boden gutgemacht. Also, draufhalten, mit gut 1000 Meter über Grund fliege ich der Front entgegen bis ich Regentropfen spüre.
Kaum ausgedacht, ein Ruck, die Beine schießen hoch, ich ziehe die Knie ein, blicke nach oben, der Schirm ist etwas klein, die Vorderkannte ragt hinten wieder raus und die Ohren vom Schirm sind nach vorne geschossen, stabilisieren, versuche das Profil wieder aufzupumpen, Position halten und abwarten, Profil füllen lassen, alles geht viel schneller als bei den paar Übungen die ich gemacht habe, die Reaktionen vom Schirm sind weit aus heftiger als sonst, auch das bisher erlebte kommt da nicht hin.
Die rechte Seite schießt raus, sofort dreht der Schirm ab, stabilisieren, es hat geklappt, erneut einen Fullstall, Hände in der Position halten bis das Profil vorgefüllt ist, und dann wieder fliegen lassen…
Die rechte Seite schießt abermals raus, die Reaktion ist so heftig das sich nun auch noch die Leinen verdrehen, 1 mal, 2 mal, dritte Spirale, das Twisten gestoppt, die linke Seite des Schirms noch immer verhängt, im Gefühl schon eine Ewigkeit an Zeit für diese Manöver verbraucht, entscheide ich mich für den Rettungsschirm.
Ich ziehe, es wird ruhiger, der starke Wind tut sein Werk und versetzt mich weit nach hinten, ich habe noch genug Höhe, Schirm einholen und flugunfähig machen, gar nicht so leicht. Ich wickle die Steuerleinen so oft es geht, nur ein kleiner Teil des Profils bleibt offen.

Es wird mir nochmal heiß, der Wind versetzt mich extrem weit nach hinten, nicht auf die schönen offenen Felder die unter mir waren, Richtung Stromleitung und Eisenbahn, und schlussendlich noch direkt über die hochwasserführende Drau.
Drei Meter neben dem Ufer setze ich mich ins Gestrüpp, zum Glück konnte ich den Hauptschirm wie einen Kite benutzen und konnte noch ein paar Meter Richtung rettendem Ufer abdriften.

Mir ist nichts passiert, der Schirm liegt neben mir am Boden der Retter hängt nur an einem kleinen Ast, nichts beschädigt, offensichtlich.
Voller Zorn über das offensichtlich zu hohe Risiko dass ich eingegangen war, und diesen unnötigen Abstieg, war der Dampf dann draußen, der Kopf leer, der Wille weiter zu kämpfen weg.

Alles in meinen Rucksack stopfend, wurde bereits nach wenigen Minuten, nach dem ich im Ufergestrüpp gelandet war, nach mir gerufen. Alles gut, mir geht es gut, es ist nichts passiert.
Die Beiden die meinen ungewollten Abstieg beobachteten, begleiteten mich schlussendlich noch bis auf die Straße, wo mein Support schon auf mich wartete. An dieser Stelle, dachte ich keine Minute mehr daran das Rennen fortzusetzten. Enttäuscht und geknickt setzte ich mich ins Auto und wollte nur noch zurück nach Spittal zum Ausgangspunkt.

Im Nachhinein bin ich aber über diese Entscheidung auch ein wenig enttäuscht, denn mit meiner läuferischen Stärke hätte ich noch einiges gutmachen können. 30 Kilometer nach Lienz, Wendepunkt auf 55 Kilometer setzen und am selben Tag noch mit dem Rückweg starten. Gut 100 Kilometer kann ich in 18 – 20 Stunden schon laufen.
Hätte ich das in Erwägung gezogen, hätte ich doch noch ein recht passables Resultat gehab.

Nur leider hilft an dieser Stelle das Katzengejammer nichts, das ist das Harte und gleichzeitig auch das Spannende an so einem Adventure- Rennen.


Die Entscheidungen die man getroffen hat, muss man letztlich in voller Härte auch selber wieder ausbaden.
Andere oder gar Leien werden sich fragen ob der spinnt, doch wissen wir Sportler recht genau auf welches Risiko wir uns da einlassen und das der Grat von „Gut & Böse“ nicht immer breit wie eine Autobahn ist. Wir beschäftigen uns permanent mit den Konsequenzen die man zu tragen hat. Nur so ist es überhaupt möglich solche Leistungen zu erzielen!

Also, Rücken gerade, Brust raus, erhobenen Hauptes beim nächsten Rennen wieder motiviert starten, das Erlebte als Lerneffekt umwandeln und beim nächsten Mal besser machen.

Best Gerald

bottom of page